5. DIE KOLONIALE ZEIT: DIE SÜDAFRIKANISCHE HERRSCHAFT

5.2 SÜDWESTAFRIKA WIRD MANDAT DES VÖLKERBUNDES: 1919-1945

1919 Die "weiße" Politik in Südwestafrika zwischen 1919 bis in die vierziger Jahre hinein wird durch den "Deutsch-Südafrikanischen Unions-Gegensatz" bestimmt. Dieser Interessenkonflikt wird durch die Tatsache charakterisiert, dass die Mehrheit der Deutschen in SWA, in Hinblick auf eine mögliche Wiederherstellung des deutschen Schutzgebietes, eine gewisse Unabhängigkeit von Südafrika wünschen. Die Mehrheit der Südafrikaner dagegen wünscht eine Eingliederung des Gebietes nach Südafrika.
In den nächsten Jahrzehnten herrscht ein chronischer Arbeitskräftemangel in SWA.
Im Ovamboland wird in steigendem Maße Druck auf die Landressourcen (Wasser, Weide und Wald) ausgeübt. Dadurch kommt es zu sinkender Nahrungsmittelproduktion mit Hungersnöten in den 1920 und 1930igern.
In den kommenden Jahren gründet die südafrikanische Administration acht "Eingeborenenreservate" in der Polizeizone für die zersplitterten land- und rinderlosen Ovaherero-Gemeinschaften: Aminuis, Epukiro, Waterberg Ost, Otjituuo, Otjohorongo, Ovitoto, Fürstenwalde und, zusammen mit den Dama, in Otjimbingwe und, zusammen mit Dama und Nama, in Tses. Die bereits in der deutschen Zeit (1905) gegründeten und überbevölkerten "Eingeborenenreservate" Otjihaenena (Okatumba) und Omburo werden später geschlossen. Der erste Schritt in dieser Entwicklung ist die Anstellung von Gemeinschaftsführern für die Ovaherero, wie z.B. Hosea Kutako.
Ähnliche "Eingeborenenreservate" werden für die Nama gegründet. In der deutschen Zeit war es nur den Berseba-Orlam oder |Hai-|khauan und den Bondelswarts gestattet, unter ihren traditionellen Führern zu leben (ebenso den Baster im Rehoboth-Gebiet). Gewisse Autonomierechte für Nama-Gemeinschaften werden in den Orten Soromas, Franzfontein (auch für Dama) und Zesfontein (später auf Afrikaans auch Sesfontein genannt) zuerkannt. Andere Nama- und Dama-Gemeinschaften werden in den Reservaten von Neuhof, Tses, Gibeon (Kranzplatz), Rietmond und Witbooisvlei und in Warmbad (letztere drei nur für Nama) angesiedelt. In allen Reservaten werden gewählte Gemeinschaftsführer angestellt, die auf den von den Südafrikanern eingeführten Reservatsräten dienen. Die Berseba-Orlam wenden sich gegen die Politik von getrennten "Eingeborenenreservaten". Daraufhin setzt die SWA Administration später (1938) ihren Führer ab und setzt zwei neue Gruppenführer ein, die die südafrikanischen kolonialen Ziele unterstützen. Zwischen 1921 und 1923 ist der |Hai-|khauan-Führer von Berseba, Christian Goliath, gezwungen, etwa ein Drittel seines Gruppengebietes östlich der Eisenbahnlinie zwischen Mariental und Keetmanshoop zu verkaufen, um seiner drückenden Schulden Herr zu werden.
Die Dama behalten unter der Leitung eines örtlichen Führers ihr Reservat in Okombahe. Weitere reine Dama-Reservate werden in einem Teil von Otjimbingwe sowie in Augeigas, westlich von Windhoek, geschaffen. Die zersplitterten Dama sind in elf regionale Gruppen unterteilt.
Die Landpolitik der Südafrikaner wird durch einen vermeintlichen Gegensatz gekennzeichnet: Die Schaffung von "Eingeborenreservaten" (zur Ausübung von Kontrolle über die Eingeborenen, zur Beendigung der in der deutschen Zeit entstandenen Urbanisierung von "Schwarzen" und zur Standardisierung administrativer Regeln) und dem ausreichenden Zustrom "schwarzer" Arbeitskräfte.
Jakobus Christian (Taoseb #Naoxamab), der Führer der Bondelswarts (!Gami- #nun), kehrt zu seiner Gemeinschaft im Bondelswartgebiet zurück (Davor war Wilhelm Christian Junior (|Gariseb Gaib !Nansemab), Bruder von Johannes, für eine kurze Zeit (1918/19) Gruppenführer der Bondelswarts). Jakobus ist der Sohn von Johannes Christian, der 1906, während des Nama-deutschen Krieges, Zuflucht auf britischem Gebiet gesucht hatte. Er wird zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, weil er für die Rückkehr keine Erlaubnis der südafrikanischen Administration hat und außerdem mit illegalen Waffen angetroffen wird. Es wird ihm gestattet heimzukehren, aber die südafrikanischen Behörden verweigern ihm die Anerkennung als Bondelswartführer. Stattdessen wird Hendrik Sneeuwe als Führer eingesetzt. Diese Behandlung Jakobus Christians und später die Auferlegung einer Hundesteuer (Proklamation Nr. 16 von 1921) und einer Sondersteuer auf Brandeisen für Rinder (Proklamation Nr. 36 von 1921) eskalieren zu der Bondelswarts-Affäre von 1922. Es gibt allerdings Hinweise, dass bereits 1916 die Bondelswarts einen Aufstand gegen die Südafrikaner geplant hatten (Adam Pienaar in Zusammenarbeit mit Jakobus Christian, der damals noch im Exil in Südafrika lebte).
Die hölzerne Landungsbrücke in Swakopmund wird von den Südafrikanern abgerissen.
Die Zeitung Der Weltkrieg wird in Landeszeitung für Südwestafrika umbenannt.
30.01. Nach der Annahme des Mandatssystems (1920) durch die Alliierten Mächte des ersten Weltkrieges werden ausgewählte Länder als Mandatsmächte angewiesen.
05.02. Die Baster von Rehoboth ersuchen den Generalgouverneur der Union von Südafrika, das Rehobothgebiet, ähnlich wie das Basutoland, direkt unter britischen Schutz zu stellen. Das wird abgelehnt. Samuel Beukes ist der erste Namibier, der Petitionen an den Völkerbund richtet, um den Rehoboth-Baster die Unabhängigkeit zu gewähren. Beukes bekommt von den Südafrikanern den Spitznamen Koos Petisie. Mit dem Zustandekommen der Vereinten Nationen 1945 setzt Beukes seine Petitionen fort. Er wird später das Vorbild für Hosea Kutako mit seiner Petitionstätigkeit.
20.02. Alle Befugnisse des Gemeinderates in Swakopmund gehen an den SA Militär-Magistrat (F.W. Bult) über.
08.06. Erneute Zwistigkeiten zwischen Vita Tom und Ovahimbaführer Muhona Katiti bringen einen neuen Besuch von Charles Manning in das Kaokoveld. Vita weilt zu dieser Zeit nicht in Otjiyandjasemo, sondern in Ongongo am Hoarusibfluss.
28.06. Die neue Deutsche Republik (Weimarer Republik) wird durch den Friedensvertrag von Versailles gezwungen, auf ihre vormaligen Kolonien zugunsten der Alliierten Mächte zu verzichten (Artikel 119 des Friedensvertrages). Südafrika wird vom Völkerbund als Mandatsmacht für Südwestafrika angestellt und bekommt die Aufgabe, SWA als Klasse-"C"-Mandat (Artikel 2 und 22 des Völkerbundpaktes) zu verwalten.
05.07. Nach Mannings Besuch zu Muhona und den Ovatjimbaführer Kasupi trifft er Vita in Kaoko Otavi. Manning hält Vita für den stärksten der Kaokoland-Gruppenführer.
01.08. Die deutsche Zeitung Der Kriegsbote wird in Allgemeine Zeitung (AZ) umbenannt.
14.09. Das in der deutschen Zeit gebaute Eisenbahn-Stationsgebäude in Keetmanshoop wird durch Feuer zerstört. Es wird in 1927/28 in neuer Form wiederaufgebaut.
17.09. Der südafrikanische Senator Theo L. Schreiner spricht vor dem südafrikanischen Senat in Kapstadt und führt aus, dass die deutsche Politik der totalen Enteignung der Ovaherero nicht von den Südafrikanern fortgesetzt werden sollte: "... darum sollten wir nicht denken, dass, nur weil die deutsche Nation 70 000 Hereros ausgelöscht hat, es recht wäre, dass wir deren Land, welches rechtmäßig das Ihrige war, nehmen und dass wir Farmen an Weiße ausgeben sollten". Am 25.11. antwortet ihm Administrator Gorges: "Da das gesamte Hereroland von den Deutschen konfisziert und in Farmen aufgeteilt wurde und jetzt von Europäern besiedelt wird, wäre es eine unmögliche Aufgabe ... die Herero in ihre Stammesgebiete zurück zu siedeln".
Sept./Oktober "Südwester" Deutsche übergeben dem Generalgouverneur von Südafrika Lord Buxton einen Katalog von Beschwerden als dieser SWA besucht.
01.10. Bis jetzt sind 6 374 deutsche Staatsbürger (3 718 Beamte, Angehörige der Truppe und der Polizei, 1 223 "unerwünschte" Personen und 1 433 freiwillig Zurückkehrende) mit ihren Familien des Landes verwiesen worden. 6 700 Deutsche dürfen im Lande bleiben.
13.10. In Windhoek findet eine öffentliche Versammlung unter der Schirmherrschaft von burischen und deutschen Gemeinschaftsführern statt (H. de Jager, Andries de Wet (ex-Burenfreikorps), Hauptmann von Kühne und Rolf Hartig). Das Ziel ist es, die Beziehungen zwischen diesen zwei "weißen" Volksgruppen zu stärken. Als Resultat entsteht auf einer nicht parteigebundenen Grundlage die Zuid West Vereniging. Eine zweisprachige Zeitung auf deutsch und kap-holländisch, der Voortrekker, wird herausgegeben.
31.10. Die bedeutendsten deutschen (neun) Diamantengesellschaften werden von der südafrikanischen Finanzgruppe, Ernest Oppenheimers Anglo-American Company, aufgekauft und unter dem Namen Consolidated Diamond Mines of S.W.A. (CDM) zu einer großen Gesellschaft vereinigt. Alle Rechte im Sperrgebiet von Lüderitz sind darin eingeschlossen. Nur die Kolmanskop Diamond Mines Ltd bleibt weiterhin bestehen. Die Diamantenfelder von Conceptionbucht und Meob-Bucht werden wiederbelebt. F. Knacke gründet dafür die reat Namaqua Diamonds (Pty) Ltd., die die Rechte der alten Diamantenfelder Verwertungsgesellschaft übernimmt.
21.11. Ferdinand Stich gründet die zweite Swakopmunder Zeitung.
WB00823_.GIF (134 bytes)

[Inhaltsverzeichnis]

forward.GIF (132 bytes)