DER WEG DER STEINE - AUF DEN SPUREN DER BERGSTEIGER
Klaus Dierks
© Dr. Klaus Dierks 1982-2004
Der lange Weg zum Mount Everest ist in den letzten vierzig Jahren zu einer Pilgerstraße geworden. Für die frommen Sherpa endet der halsbrecherische Pfad in knapp 5 000 Meter in Lobuche. Bis auf diese Höhe konnten sie in den sommerlichen Monsunmonaten ihr Yaks treiben. Trotzdem war der "Traumweg zum Everest" immer auch Pilgerstraße. Das beweisen die Steinhaufen entlang des Weges, die die Sherpa zu Ehren der Götter aufrichten, denn dieser Weg führt zur Chomo Lungma, der Göttin-Mutter der Erde, zum Endpunkt auf das Dach der Welt.
Jeder Wanderer und Pilger fügt den Steinreihen noch einen Stein hinzu, um den Göttern und Dämonen, die auf den in den Himmel ragenden Eisgipfeln wohnen, Respekt zu erweisen. Die Landschaft und die Menschen des Himalaya erinnern immer wieder sehr stark an die Hochländer der Anden in Südamerika. Dort legten die frommen Indios seit den Tagen der Inkas auch Steinreihen an die Ränder der Wege, die über die vergletscherten Pässe der Kordilleren führen. In Nepal nennt man solche Steinreihen "
Deorali" oder auf tibetisch " Lha tho".Die Sherpa des Khumbu kamen ebensowenig wie die Alpenbewohner des 19. Jahrhunderts auf die Idee, "zum Vergnügen" auf hohe Berge zu steigen. Berge wurden als die Throne der Götter und als gefährliche, oft nicht zu meisternde Widerstände auf den alten Handelsrouten empfunden. Die Bergsteigerei "zum Vergnügen" ist trotz aller Naturverbundenheit ein Kind unseres technischen Zeitalters und, so gesehen, eine im Grunde nicht erklärbare, bedenkliche Zeiterscheinung. Bergsteigerei "zum Vergnügen" begann erst in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts mit dem Beginn des modernen Expeditionswesens im Himalaya. Die Sherpa wurden aufgrund ihrer hervorragenden charakterlichen Eigenschaften und ihrer physischen Stärke und Durchhaltekraft die unentbehrlichen Helfer und Freunde der Bergsteiger aus dem europäischen Kulturkreis, die zu Beginn des Jahrhunderts anfingen, sich der letzten, bergsteigerischen Herausforderung auf der Erde zu stellen, den Himalaya anzupacken. Als das nobelste Ziel für diese, sich im Norden der heißen, staubigen Ebenen Indiens, in unglaublicher Steilheit auftürmenden Eisketten des Himalaya, galt und gilt immer noch der Mount Everest, mit seinen 8 848 Meter der höchste Berg der Welt.
Pumori 6 576 m: Westlich von Mount Everest: Blick vom Kalar
Patar
Photo: Copyright: Klaus Dierks
Chomo Lungma (Mount Everest) 8 849 m: Blick vom Kalar Patar:
Südwestwand
Photos: Copyright: Klaus Dierks
Chomo Lungma (Mount Everest) 8 849 m: Blick vom Gokyo Kang:
Südwestwand
Photo: Copyright: Klaus Dierks
Nuptse Westwand 7 861 m: Blick von Gorak Shep: Everest
Basislager
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Ein tibetisches Dorf südlich vom Pang La, auf dem Anfahrtswege
nach Rongbuk, zum nördlichen Basis-Lager des Mount Everest, 1997
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Das Dorf Passum auf dem Anfahrtswege nach Rongbuk, Tibet, 1997
Photos: Copyright: Klaus Dierks
Rongbuk-Gompa, Tibet, 1997
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Die Chomo Lungma vom tibetischen Basislager aus in Rongbuk, 1997
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Lhotse 8 516 m Südwand
Photo: Copyright: Klaus Dierks
So nimmt es nicht wunder, daß sich hier nicht nur Trekker, wie man die moderne Gattung des guten alten Bergwanderers nennt, sondern auch Bergsteiger aus aller Herren Länder treffen. Es scheint, als ob es manche Bergsteiger geradezu magisch immer wieder zum "dritten Pol" der Welt zieht.
So oft ich auch in den letzten Jahrzehnten in Nepal geweilt habe, jedes Mal noch traf ich Edmund Hillary, der zum ersten Mal mit Tenzing Norgay am 29. Mai 1953 auf der Spitze des Mount Everest gestanden hat. Den Sherpa Tenzing hatte ich auf meiner ersten Himalayafahrt 1959 in Darjeeling kennen gelernt, wo er der Direktor des weltberühmten, von Jawaharlal Nehru gegründeten, Himalaya Bergsteigerinstitutes war. Damals habe ich mich in Tenzings bildhübsche Tochter, Pem-Pem verliebt, die aber nichts von einem dreiundzwanzigjährigen Studenten aus Berlin wissen wollte, der noch auf keinem hohen Himalayagipfel gestanden hatte. Leider habe ich vergessen, Pem-Pem zu erzählen, daß ich mit Sven Hedin am gleichen Tage Geburtstag habe. Vielleicht hätte dann noch Hoffnung für mich bestanden.
Sir Edmund Hillary lernte ich im November 1960 im Hause von Dr. Wilkinson in Dhulikel, zwei Tagesmärsche östlich von Kath
mandu kennen. Damals wirkte er auf mich wie eine respektheischende Persönlichkeit voller Ungeduld, mit der nicht gut Kirschen zu essen ist. Das ließ in mir den Entschluss reifen, lieber später einmal meine eigene, wenn auch noch so kleine Himalaya-Expedition zu organisieren, als an einer von Sir Edmund geleiteten teilzunehmen. Das wäre zwar eine große Ehre und sicherlich die Erfüllung eines Lebenstraumes gewesen, aber ich hatte nie den Ehrgeiz, an solchen Mammutexpeditionen teilzunehmen. Außerdem hatte ich damals schon das instinktive Gefühl, daß eine solche Expedition mit Hunderten von Trägern und mit aller denkbaren modernen Ausrüstung bis hin zu Hubschraubern und Kleinflugzeugen, Fertighäusern, Funkhilfen und Kilometer langen Fixseilen und Aluminiumleitern einer aussterbenden Expeditionsgattung angehört.Der mit gewaltigem Aufwand organisierten Britischen Himalaya Expedition 1960 war übrigens wenig Erfolg beschieden. Neben der Besteigung des fünfthöchsten Berges der Welt, des 8 475 Meter hohen Makalu, sollten höhenphysiologische Forschungen unter Leitung von Griffith Pugh sowie eine systematische Suchexpedition nach dem geheimnisvollen Schneemenschen durchgeführt werden. Die Besteigung des Makalu wie auch die Yetisuche blieben erfolglos. Am Makalu erlitt einer der Spitzenbergsteiger der Expedition, der Neuseeländer Peter Mulgrew, einen Herzanfall und erfror beide Füße, die später amputiert werden mußten. Peter Mulgrew's persönlicher Sherpa, Dawa Thondup, sollte über zwanzig Jahre später, 1982, mein Sherpa Sirdar am Amphu Laptsa und 1984 am Pacharmo sein.
Makalu 8 463 m Südwestwand: Blick vom Mera Peak 6 461 m
Photo: Copyright: Klaus Dierks
Während Sir Edmund zusammen mit dem Dorfältesten, Kunjo Tschumbi, der in den USA mehr Aufsehen wie ein Hollywoodschauspieler erregte, und dem Yeti
skalp von Khumjung in Groß-Britannien und den USA weilte, bestieg der zurückgebliebene Rest der Expedition - ohne dazu die Erlaubnis der nepalischen Regierung eingeholt zu haben - den atemberaubenden Amai Dablam, einen der heiligen Berge des Sherpa landes. Der Amai Dablam, der zu den schönsten Bergen der Erde gehört, war damals ein sogenannter "Verbotener Berg", und Hillary's Expedition wäre um ein Haar von der Regierung Nepals beendet worden. Nur Hillary's weltweiter guter Ruf rettete die Expedition.Im Inneren der Khumjung-Gompa: links Teile des Kangschurs
Photo: Copyright: Klaus Dierks
Khumjung-Gompa: Mönche mit lamaistischen
Musikinstrumenten
Photos: Copyright: Klaus Dierks
Der Yeti-Skalp in der Khumjung-Gompa
Photo: Copyright: Klaus Dierks
Der Amai Dablam spielte in Hillary's Leben auch weiterhin eine Rolle. 1979 kam sein Sohn Peter fast am Amai Dablam um, als das neuseeländische Team, das den Berg besteigen wollte, von einer Schneelawine getroffen wurde. Einer der neuseeländischen Bergsteiger verlor sein Leben; drei weitere, darunter Peter Hillary, wurden zum Teil schwer verletzt. Sie wurden in letzter Minute von den Tiroler und schweizerischen Bergsteigern Reinhold Messner, Wolfgang Nairz und Oswald Ölz, die den Amai Dablam über die Südroute besteigen wollten, aus höchster Bergnot gerettet.
Im Oktober 1980 ist Peter Hillary am Amai Dablam erfolgreich. Wenige Tage später treffe ich beim Aufstieg zum Everest Basislager eine Yakkarawane. Eines der Yaks trägt einen älteren, offensichtlich schwer höhenkranken Bergsteiger zu Tale. Ich kann meinen Augen kaum trauen, als ich in dem leichenblassen Mann Edmund Hillary erkenne, den ich das letzte Mal vor genau zwanzig Jahren, 1960, gesehen hatte. Auch der erfolgreichste Bergsteiger wird von der Akuten Höhenkrankheit nicht verschont. Sir Edmund war wohl zu schnell und ohne entsprechende Akkli
matisierung hochgestiegen, um seinen Sohn zu der geglückten Amai Dablam Besteigung zu gratulieren. Das, jedenfalls, ist die offizielle Version!Tengpoche: Blick nach Süden zum Amai Dablam 6
828 m
Photos: Copyright: Klaus Dierks
Anfang April 1982 besuchen Bruce Campbell-Watt und ich Edmund Hillary in Khumjung. Sein Wesen wirkt auf mich noch genauso einschüchternd wie vor zweiundzwanzig Jahren. Er ist nicht der extrovertierte, publikumswirksame Typ wie Reinhold Messner, sondern eher barsch-zurückhaltend. Ich wage ihn kaum um ein Photo und ein Tonbandinterview zu bitten. Trotzdem gibt uns Edmund Hillary wertvollen Rat für die Überschreitung von Amphu Laptsa, West- und Sherpani Col. Er berichtet auch von seinen neuesten Vorhaben für die Sherpa in Khumjung wie Arbeitsplatzbeschaffung. Edmund Hillary's größte Leistung sind außer seinen Expeditionen und der Erstbesteigung des Mount Everest, das, was er für das Sherpavolk geleistet hat: Der Bau von Schulen, Hospitälern und Fußgängerbrücken über die eiskalten, dahintosenden Gletscherflüsse.
Er ist auch der geistige Urheber der Idee eines Nationalparks im Everestgebiet, um die bedrohte Umwelt der Sherpa zu schützen. Der zunehmende Trekking- und Ex
peditionstourismus hat in den letzten Jahren das äußerst empfindliche ökologische Gleichgewicht in diesem Gebiet stark gestört. Für die Sherpa ist das Expeditionswesen ein einträglicher Ersatz für den Handel mit Tibet, den die Chinesen seit 1959 unterbunden haben. Es fehlen ihnen die Vergleichsmöglichkeiten, um die schädlichen und oft nicht wiederherzustellenden Umweltschäden abschätzen zu können. Der Raubbau an den wunderbaren Wäldern des Khumbu in einem Gebiet, wo sich der gesamte Warenverkehr auf menschlichen Rücken abspielt, ist ein kaum zu reparierender Schaden, der von den Sherpa als solcher noch nicht mit allen seinen Folgen erkannt wird. Die von Hillary vorgeschlagene und inzwischen verwirklichte Gründung des "Sagarmatha Nationalparks" hat hier ein wenig Abhilfe geschaffen. Sagarmatha ist der nepalische Name für Mount Everest und heißt "Himmelhöhe". Dieser Name hat sich bis jetzt weder bei den Sherpa, die immer noch den tibetischen Namen Chomo Lungma verwenden, noch international durchgesetzt.Edmund Hillary ist niemals mehr vom Sherpaland losgekommen und dort eine Art Dauerbewohner geworden ist. Daran hat auch seine Berufung als neuseeländischer Botschafter nach Neu-Delhi nichts geändert. Hillary lebt im Herzen der Sherpa. Das merke ich am Respekt, mit dem Dawa Thondup und andere Sherpa ihn behandeln. Nach den Schicksalsschlägen, die Hillary im Laufe seines Lebens getroffen haben, hat er im Sherpaland Ruhe und Frieden gefunden.
Tengpoche ist eine wichtige bergsteigerische Nachrichtenbörse im Everestgebiet. Wer den Ehrgeiz hat, prominente Bergsteiger persönlich kennen zulernen, muß sich hier nur für ein paar Tage niederlassen. Ende 1980 treffe ich in der Tengpoche Gompa Reinhold Messner mit seiner kanadischen Begleiterin, Nena Holguin. Nena ist so auffallend, daß sich ihr alle Blicke zuwenden. Erst der zweite Blick gilt Messner. Ich habezufällig ein Familienphoto dabei, das meine, damals zweijährige, jüngste Tochter, Annette, beim Blättern in Reinhold Messners Buch "Alleingang" am Strand von Swakopmund in Namibia zeigt. So ist der Kontakt schnell hergestellt. Reinhold ist geschmeichelt, daß seine Bücher auch im südlichen Afrika gelesen werden. Er ist der Gegenpol zu Edmund Hillary. Ich habe nicht die geringsten Hemmungen, ihn um ein Photo zu bitten.
Reinhold Messner in Tengpoche, November 1980
Photo: Copyright: Klaus
Der "Bärtige aus Südtirol", wie ihn seine Freunde nennen, ist ganz sicher "das" bergsteigerische Phänomen der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts. Er hat Dinge vollbracht, die jedermann noch vor dreißig Jahren für ausgeschlossen gehalten hätte. Zusammen mit Peter Habeler war er der erste, der den Mount Everest 1978 ohne Sauerstoff bestiegen hat. Die Tatsache, daß es nach ihm noch weitere Bergsteiger gewagt haben und daß E.F. Norton bereits 1924 an der tibetischen Nordwand des Mount Everest ohne Sauerstoff eine Höhe von 8 580 Meter erreicht hatte, tut dieser Leistung keinen Abbruch. Inzwischen hat Messner alle Berge mit Höhen über achttausend Meter bestiegen. Er hat einige der technisch schwierigen Wände in allen Weltgebirgen durchstiegen und war außerdem im Alleingang auf dem Nanga Parbat und Mount Everest. Er hat einen neuen Expeditionsstil, den der Kleinexpedition im Westalpenstil, entwickelt und ist so Vorbild für eine neue Generation von Bergsteigern geworden.
Als wir Reinhold Messner 1980 in Tengpoche treffen, ist er gerade von seiner Alleinbegehung des Mount Everest über die tibetische Nordflanke zurückgekehrt. Insgesamt zehn erfolglose Großexpeditionen über den tibetischen Nordgrat - und seit 1952 auch über den Südostgrat - waren nötig, um 1953 die ersten Menschen auf den Gipfel des Mount Everest zu bringen. Damals wurde noch die klassische, viele Hunderttausende von Dollar kostende Belage rungstechnik mit Hunderten von Trägern, einer Kette von sich hochschiebenden Versorgungslagern und allen technischen Mitteln, wie etwa Kilometern von festen Seilen, angewendet. Seit Tenzing Norgay und Edmund Hillary haben weitaus mehr als hundert Bergsteiger und Bergsteigerinnen den Gipfel der Welt erreicht, die meisten im aufwendigen Belagerungsstil und mit Sauerstoff. Messner ragt weit aus diesem exklusivsten Klub der Welt heraus. Sein Alleingang auf den Everest im August 1980 hat alle weiteren Mammutexpeditionen ad absurdum geführt.
Die Chomo Lungma vom tibetischen Basislager aus in Rongbuk mit
der Nordwand, die Reinhold Messner 1980 im Alleingang durchstiegen hat
Photo: Copyright: Klaus Dierks
Bisher ist der Mount Everest auf insgesamt neun Routen bestiegen worden, wobei die Sowjetische Everest Expedition 1982 eine neue Führe durch die Südwestwand geöffnet hat. Von 1921 bis in die achtziger Jahre sind über siebzig Bergsteiger am Mount Everest umgekommen. Es ist interessant, die verschiedenen Todesursachen aufzuschlüsseln, um so eine Andeutung zu erhalten, wo auf einer Himalaya-Expedition die Gefahren liegen.
Auf dem Anmarsch sind sowohl auf der Nord- als an der Südseite 6 Bergsteiger gestorben. Im Khumbu-Eisbruch sind 13 Bergsteiger umgekommen. Insgesamt 12 sind am Berg abgestürzt. Durch Lawinen, Stein- und Eisschlag sind 22 getötet worden. An der Hö henkrankheit sind 4 und an Erschöpfung sind 6 Bergsteiger gestorben. In der Umgebung des Gipfels sind 9 Bergsteiger, auf zum Teil noch nicht genau geklärte Weise, umgekommen.
Diese Statistik ergibt jedoch kein ganz realistisches Bild. Everestexpeditionen sind im allgemeinen mit technischen und medizinischen Hilfsmitteln sehr gut ausgestattet. Der prozentuale Anteil an Todesfällen durch Höhenkrankheit und Erschöpfung ist bei kleineren Expeditionen ganz sicher höher als in der Evereststatistik und dürfte neben der Gefahr von Lawinen, Gletscherspalten und Wetterumstür zen die häufigste Todesursache sein.
Reinhold Messner ist nicht nur ein Bergsteiger von besonderer Größenordnung, sondern auch ein intelligenter Mensch und guter Schriftsteller, der es versteht, die seelischen und körperlichen Abläufe, die Gefühle und Gedanken eines Bergsteiger abzuschätzen und in Worte zu fassen. Er hat in der Formulierung der Auseinandersetzung mit den Grenzzuständen des Bergsteigers neue Normen gesetzt und versucht, die Gründe aufzuzeigen, aus denen sich diese immer wieder in den ewigen Kreislauf des "Spieles mit dem Leiden" begeben.
Er unternimmt seine Expeditionen nicht für andere, sondern um sich selbst, das "eigene Ich" zu finden. Er erklärt, daß der Bergsteiger nur wirklich lebt, solange er auf dem Wege zur letzten Erkenntnis ist. Sein Ziel ist die völlige Harmonie, das Gleichgewicht zwischen dem eigenen Sein und dem universellen Makrokosmos. Viele haben es bereits vor Messner geahnt und gefühlt. Er aber hat zum ersten Mal gültige und neue Maßstäbe in seinen Büchern aufgezeigt.
Für Messner gibt es keine andere Rechtfertigung für das Bergsteigen als die Befriedigung des eigenen Ichs. Das ist sicherlich eine allgemeingültige Aussage, doch man darf nicht das Motiv der "Liebe zur Natur", dort wo sie am schönsten ist, außer acht lassen.
Gangtok im Jahre 2000
Photo: Copyright: Klaus Dierks
Blick auf den 8 586 m hohen Kangchendzönga von Gangtok (von
Südosten), dritthöchster Berg der Welt, im Jahre 2000
Photo: Copyright: Klaus Dierks
Die Bergurwälder Sikkims: Blick von Süden in das Rangit-Tal
mit der Tashiding Gompa im Hintergrund
Photo: Copyright: Klaus Dierks
Blick von Pemayangtse in West-Sikkim nach Norden nach Yuksom:
Hinter den Wolken befindet sich der dritthöchste Berg der Welt: der Kangchendzönga
Photo: Copyright: Klaus Dierks
Die alte west-sikkemesische Hauptstadt Yuksom ist der
Ausgangspunkt um die Südseite des Kangchendzönga zu erreichen
Photo: Copyright: Klaus Dierks
In den tropischen Bergurwäldern auf dem Anstieg zum
Kangchendzönga von Yuksom über Bakhim nach Dzongri in West-Sikkim gibt es nicht nur
Blutegel sondern auch schwarze Himalaya-Bären
Photos: Copyright: Klaus Dierks
Bakhim: Blick nach Süden in die Singalila-Kette im Jahre 2000
Photo: Copyright: Klaus Dierks
Rhododendron in den Bergurwäldern Sikkims: Zwischen Bakhim,
Pethang und Thansing, südlich vom Kangchendzönga
Photos: Copyright: Klaus Dierks
Rhododendron: Zwischen Thansing und Pethang,
mit dem 6 701 m hohen Pandim im Hintergrund: im Jahre 2000
Photo: Copyright: Klaus Dierks
Vom fast 5 000 m hohen Dzongri-La: Blick nach Süden auf die
Singalila-Kette (Grenze zwischen Sikkim und Nepal)
Photo: Copyright: Klaus Dierks
Sonnenaufgang auf dem Kangchendzönga vom Dzongri-La
Photo: Copyright: Klaus Dierks
Blick vom Dzongri-La nach Norden auf den Kangchendzönga
Photo: Copyright: Klaus Dierks
Zwischen Dzongri und Thansing mit dem Pandim im Hintergrund:
beim Abstieg nach Thansing hatte ich einen Unfall, der fast böse ausgegangen wäre: Ein
Last-Yak stieß mich vom Saumpfad und ich flog kopfüber in die Tiefe: etwa 30 m in
Richtung Abgrund: ein Rododendron-Baum bremste den Absturz
Photo: Copyright: Klaus Dierks
Die Endmoräne des Onglakhing-Gletschers mit Kangchendzönga im
Norden
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Die Yakweide von Samiti mit Kangchendzönga im Hintergrund
Photo: Copyright: Klaus Dierks
Blick vom über 5 000 m hohen Pandim-La auf den Kangchendzönga
bei Sonnenaufgang
Photo: Copyright: Klaus Dierks
Blick vom Pandim-La nach Norden
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Blick vom Guicha-La 5 088 m zum Guicha Peak 6
127 m
Photo: Copyright: Klaus Dierks
Blick vom Guicha-La nach Norden auf den Talung-Gletscher und die
Kangchendzönga-Südwand (mit namibischer Fahne im mittleren Bild)
Photos: Copyright: Klaus Dierks
Die Kangchendzönga-Südwand
Photo: Copyright: Klaus Dierks
Reinhold Messner hat es immer wieder geschafft, die Welt mit neuen, bis jetzt nicht für möglich gehaltenen Leistungen zu verblüffen. Unwillkürlich ergibt sich daraus die Frage: "Was wird er denn nun als nächstes anfangen?" 1982, zum Beispiel, hat er in einem Jahr drei Achttausender bestiegen und einen vierten im Winter angegangen, aber nicht bestiegen: Von der Besteigung des Kangchendzönga, über die Besteigung des Broad Peak bis hin zum Gasherbrum 2 im Karakorum. Wenn die Verhältnisse am Berg den Rahmen des Möglichen sprengen, dann macht Messner als verantwortlicher Bergsteiger nicht mehr weiter. Wegen der schwierigen Wetterbedingungen gab er am 22. Dezember 1982 die geplante Winterbesteigung des Cho Oyu auf. Unmengen von pulverigem Neuschnee machten den Aufstieg von Lager 8 in 7 500 Meter Höhe zum Gipfel unmöglich.
Das Indus-Tal westlich von Skardu bildet die Eingangspforte in
den Karakorum (1994 Expedition)
Photos: Copyright: Klaus Dierks
Auf dem Wege zum zweithöchsten Berg der Erde, zum K 2 im
Karakorum, muss erst die schwierige, ständig steinschlaggefährdete Braldoschlucht zum
Baltoro-Gletscher gequert werden (1994 Expedition)
Photo: Copyright: Klaus Dierks
Askole ist die letzte menschliche Siedlung vor dem
Baltoro-Gletscher (1994 Expedition)
Der Biafo-Gletscher im Karakorum wird gequert (1994 Expedition)
Photo: Copyright: Klaus Dierks
Nach dem Biafo-Gletscher muss eine steile Felswand in Dumordo
durchklettert werden (1994 Expedition)
Photo: Copyright: Klaus Dierks
Ein eiskalter Gletscherfluß in Paiju wird auf dem Wege zum
Baltorogletscher im Karakorum mit den Trango-Türmen im Hintergrund gequert (1994
Expedition)
Photo: Copyright: Klaus Dierks
Der Beginn des Baltorogletschers im Karakorum mit den
Trango-Türmen im Hintergrund (1994 Expedition)
Photo: Copyright: Klaus Dierks
Die 6 000 und 7 000 m hohen Granittürme (Uli Biaho und
Trango-Türme) im Baltorogletschergebiet im Karakorum (1994 Expedition)
Photos: Copyright: Klaus Dierks
Der 7 821 m hohe Masherbrum im Baltorogletschergebiet im
Karakorum (1994 Expedition)
Photo: Copyright: Klaus Dierks
Träger auf dem Baltorogletscher im Karakorum (1994 Expedition)
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Der 7 279 m hohe Mustagh im Baltorogletschergebiet im Karakorum
(1994 Expedition)
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Die 7 668 m hohe Chogolisa im Karakorum, an der 1954 der
Erstbesteiger des Nanga Parbat, Hermann Buhl abstürtzte (1994 Expedition)
Photo: Copyright: Klaus Dierks
Unsere Träger in Concordia auf dem Baltoro-Gletscher im
Karakorum (1994 Expedition)
Photo: Copyright: Klaus Dierks
Unsere Träger in Concordia mit dem K2 im Hintergrund
(1994 Expedition)
Photo: Copyright: Klaus Dierks
Der Broad Peak 8 047 m vom Basislager aus im Karakorum (mit
namibischer Flagge im Vordergrund: 1994 Expedition)
Photo: Copyright: Klaus Dierks
Der zweithöchste Berg der Erde, der K 2 8 611 m vom
Basislager aus im Karakorum (1994 Expedition)
Photo: Copyright: Klaus Dierks
Baltit, die Hauptstadt des Hunza-Tales im westlichen Karakorum
(1994 Expedition)
Photo: Copyright: Klaus Dierks
Der 7 788 m hohe Rakaposhi, Hausberg im Hunza-Tal im
westlichen Karakorum (1994 Expedition)
Photo: Copyright: Klaus Dierks
Der höchste Berg des Zanskar: Nun Kun 7 135 m (1999 Expedition)
Photos: Copyright: Klaus Dierks
Siling im Shisha Pangma-Gebiet in Tibet im Jahre 1998
Photos: Copyright: Klaus Dierks
Der Shisha Pangma 8 012 m von Norden im Jahre 1998
Photos: Copyright: Klaus Dierks
Tibetischer Nomade vom Shisha Pangma im Jahre 1998
Photo: Copyright: Klaus Dierks
Nordwestlich vom Shisha Pangma: Am Paiku Tso mit Ganesh-Himal
mit dem Ganesh I 7 406 m im Süden: zwischen Nepal und Tibet, 1998
Photo: Copyright: Klaus Dierks
Blick nach Osten: Paiku Tso mit Shisha Pangma-Gruppe, 1998
Photo: Copyright: Klaus Dierks
Blick nach Südosten: Paiku Tso mit Gang Benchnen 7 211 m, 1998
Photo: Copyright: Klaus Dierks
Blick nach Norden zum Paiku Tso, Tibet, 1998
Photos: Copyright: Klaus Dierks
Als Berufsbergsteiger von solchen gigantischen Dimensionen steht er natürlich unter Erfolgszwang und muß sich deshalb immer wieder etwas Neues einfallen lassen, um das Publikum bei der Stange zu halten. Ist dieser Erfolgszwang vielleicht der Grund dafür, daß er im April 1982 seine, damals nur sieben Monate alte Tochter, Loyla, ins Kangchendzönga-Basislager mitgenommen hat? Reinhold Messner fragte vorher unseren gemeinsamen Freund, Peter Hackett, der Direktor des Himalaya-Forschungsinstitutes für Medizin in Nepal war, um ärztlichen Rat für diesen Ausflug mit seiner Tochter. Hackett sah im Hinblick auf die gefährliche Höhenkrankheit keine Schwierigkeiten für das Kind voraus. Diese unberechenbare Krankheit würde von Babys wahrscheinlich besser verkraftet als von erwachsenen Bergsteigern. Er warnte Messner jedoch ausdrücklich vor den vielen nicht voraussehbaren Infektionsmöglichkeiten, gegen die es am Kangchendzönga natürlich keine Hilfe gibt. Daß Messner trotzdem seine kleine Tochter mitnahm ist nur psychologisch zu erklären.