DIE RESTAURIERUNG DER ALTEN MISSIONSKIRCHE IN WARMBAD

 

KLAUS DIERKS

Copyright © 1999 - 2003

 

1.0 AUFGABENSTELLUNG

 

Im Jahre 2005 jährt sich zum zweihundertsten Mal der Jahrestag der Gründung der Missionsstation Warmbad durch die Brüder Albrecht (1805). Leider befinden sich die meisten der historischen Gebäude aus der Missionarsperiode und der deutschen Zeit in einem beklagenswerten Zustand. Nur die Kirche von 1877 konnte dank der Bemühungen des Autors im Jahre 1990 restauriert werden. Diese Veröffentlichung im Internet dient nicht nur der Beschreibung der Rettung der alten Kirche, sondern ist auch ein Versuch, Sponsoren für die Wiederherstellung des historischen Siedlungskernes von Warmbad zu mobilisieren.

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Warmbad am Hom-Fluss
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Die heißen Quellen von Warmbad
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Im Oktober 1988 wurde Namibia Consult Incorporated (Direktor: Dipl.-Ing. Klaus Dierks) durch die Evangelische Lutherische Kirche ('E.L.K.') in Namibia beauftragt, eine Durchführbarkeitsstudie für eine Reihe von E.L.K.-Schülerheimen und Kindergärten zu unternehmen. Der Auftrag wurde von Herrn Pfarrer Wilfried Neusel von obiger Kirche mündlich erteilt. Zugleich wurde Namibia Consult Incorporated auch beauftragt, einen Vorschlag zur Sanierung der teilweise eingestürzten Giebelwand der Missionskirche der ehemaligen Rheinischen Mission in Warmbad sowie der Renovierung dieser Kirche zu unterbreiten. Die Nordwand der alten Missionskirche ist in der obigen Giebelhälfte eingestürzt. Für ihre Wiedererrichtung und die Sanierung des noch vorhandenen Mauerwerks sind Vorschläge mit Kostenanschlägen zu machen. Außerdem sind Vorschläge für eine Renovierung des Bauwerkes auszuarbeiten. Da es sich bei der Warmbader Kirche um einen historischen Bau handelt, sind denkmalpflegerische Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Der nachfolgenden Sanierungsempfehlung liegt ein In-Situ Besuch von Dipl.-Ing. Klaus Dierks von Namibia Consult Incorporated in Warmbad im November 1988 zugrunde. Die beigefügten masstabslosen Systemskizzen und die Photos dienen dem besseren Verständnis der schriftlichen Erläuterungen. Es kann noch erwähnt werden, dass im Rahmen der obigen Durchführbarkeitsstudie es vorgeschlagen wurde, dass die alte Pastorie, die selbst noch älter als die Missionskirche von 1877 ist (erbaut 1834 von Missionar Cook auf den Fundamenten des Albrechtschen Missionshauses von 1805 bis 1810) und sich auf dem gleichen Grundstück befindet, restauriert und als kirchlicher Kindergarten gebraucht werden sollte.

 

2.0 LAGE, KLIMA UND GESCHICHTE VON WARMBAD

 

2.1 LAGE, KLIMA

 

Warmbad liegt im äussersten Südosten von Namibia ca. 720 m über NN im Grenzbereich zweier Klimagebiete, a) dem im Verlauf des Oranje weit nach Osten hereingreifenden Wüstenklima der südlichen Namib und b) dem innerhalb der 6-7oC-Isotherme des kältesten Monats (Juli) liegenden Steppenklima. Warmbad liegt in einer klimatischen Region mit einem starken Regenfalldefizit, mit einer gemittelten jährlichen Temperatur von mehr als 18oC und hauptsächlich Sommerregenfällen. Es liegt in einer Zone, in der fast alljährlich Frost vorkommt (siehe Anlagen 8.2 und 8.3). Es ist somit das wintertrockene, gemässigte Klima des Hochlandes im südlichen Afrika vorherrschend. Bei Niederschlagsmengen, die vom Nordosten Namibias (ca. 600-700 im Jahr) nach dem Südwesten (weniger als 50 mm im Jahr) stark abfallen, liegt die Kirche in einem ausgesprochenen trockenen Klima (die relative Feuchtigkeit am Morgen mit 40 - 50% verringert sich am Nachmittag auf 30 - 40%). Die täglichen Temperaturschwankungen betragen im Mittel 12 bis 15oC.

 

2.2 GESCHICHTE VON WARMBAD

 

Warmbad wurde unter diesem Namen bereits 1760 (Jacobus Coetzee: 1760 und Heinrich Hoppe oder Hendrik Hop: 1761 sowie Willem van Reenen: 1791) erwähnt und war im 18. und frühen 19.Jahrhundert der erste Anlaufpunkt von europäischen Händlern, Abenteurern, Grosswildjägern und ab 1805 auch von Missionaren, die über den Oranje aus der südafrikanischen Kapkolonie kamen. Warmbad war aber auch die erste grössere Station für die, vor dem europäischen Kolonialismus entweichenden, entwurzelten Namagemeinschaften aus Südafrika. Diese altberühmte Quelle am Hom Rivier (periodisch abkommender Trockenfluss) war aber auch ein wichtiges Zentrum für die alteingesessenen namibischen Nama, die !Gami-#nun (Bondelswarts, !,# etc. stehen für die Klicklaute der Namasprache) [1].

Die Bondelswarts wurden um 1800 herum durch die Orlam Afrikaner unter deren Führer, Jager Afrikaner, verstärkt. Die ersten europäisch inspirierten Gebäude wurden in Warmbad von den Missionaren der Londoner Missionsgesellschaft, Christian und Abraham Albrecht, zwischen 1805 und 1810 errichtet, unter anderem auch eine Kirche. Diese Gebäude wurden bereits 1811, als Reaktion auf die europäische Einflussnahme, von namibischen Nama (Orlam Afrikaner unter Jager Afrikaner) zerstört [2].

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Die alte "Pastorie" von Warmbad, welche auf den Fundamenten des Hauses von den Londoner Missionaren Abraham and Christian Albrecht (1805) erbaut wurde, Oktober 1988
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Die alte "Pastorie" in Warmbad, welche auf den Fundamenten des von den Brüdern Abraham und Christian Albrecht 1805 gebauten Hauses errichtet ist
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Nach dem Orlam Aufstand von 1811 wurde die Missionsarbeit wieder im Jahre 1834 aufgenommen, von Missionar Edward Cook, diesmal von der Wesleyanischen Missionsgesellschaft. Er errichtete ein neues Missionshaus an der gleiche Stelle, wo die Albrecht'schen Gebäude standen. Cook nannte Warmbad nach dem Gründer der Wesleyanischen Kirche 'Nisbett Bath'. Die Ruinen der Albrecht'schen Mission wurden in das neue Drei-Zimmer Haus einbezogen [3]. In einem der Zimmer wohnte der britische Forscher Sir James Alexander, der 1836 in Warmbad weilte. Man kann also das Cook'sche Missionshaus mit Recht als das älteste, immer noch bestehende, europäisch inspirierte Gebäude in Namibia bezeichnen. Durch einen tragischen Unfall verstarb Missionar Cook im Jahre 1843. Seine Nachfolger waren verschiedene Wesleyanischen Missionare, von denen B. Ridsdale, J.A. Bailie, J. Tindall und J. Priestley am längsten in Warmbad tätig waren.

1867 wurde die Missionsstation Warmbad von der 'Rheinischen Missionsgesellschaft' übernommen. 1868 baute der erste Rheinische Missionar, Friedrich Wilhelm Weber, an die bestehende Kirche eine Schule. Eine neue Kirche, das heutige Gebäude, wurde von Missionar Weber 1877 eingeweiht. Diese Kirche wurde aus Natursteinen errichtet, mit Schilfmatten als Decke. 1886 vergrösserte Missionar Carl Wandres das Pfarrhaus und ersetzte das Grasdach durch ein Wellblechdach. Weiterhin errichtete er auch ein Schulgebäude auf dem gleichen Grundstück.

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Die teilweise zerstörte Kirche (1990) der Rheinischen Missionsgesellschaft in Warmbad, eingeweiht von Missionar Weber 1877, Oktober 1988
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Die von Missionar Weber 1877 eingeweihte Kirche der Rheinischen Missionsgesellschaft. Die vom Einsturz bedrohte Kirche wurde 1990 restauriert (Plannung: Klaus Dierks, Namibia Consult Incorporated, 1988/89), April 2003
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1903 wurde die Missionsarbeit durch den Bondelswartsaufstand gegen die deutsche Kolonialmacht in Namibia unterbrochen. Vier Jahre später nahm Hermann Nyhof die unterbrochene Arbeit wieder auf. Nyhof lebte in Warmbad bis zu seinem Tode im Jahre 1936. Er ist der einzige Missionar, der dort auch begraben ist. Sein Nachfolger, Pfarrer A. Rethemeyer, diente der Warmbader Gemeinde bis 1946.

Neben der Rheinischen Mission wirkte auch die Römisch-Katholische Kirche in Warmbad. Pater Gineiger nahm die Missionsarbeit 1906 auf. Mit der Hilfe von zwei Nonnen baute er das Missionshaus und die Kirche folgte 1912. Eine Schule mit angeschlossenem Heim wurde auf dem Nachbargrundstück der katholischen Mission 1911/12 gebaut, wahrscheinlich auf Initiative des deutschen Bezirksrates.

Aber auch Farmer und Kaufleute spielten während der vor- und kolonialen Epoche eine Rolle in Warmbad. Die ersten europäischen Farmer siedelten in der Umgebung von Warmbad seit 1870. Unter ihnen waren Jan Louw, Piet le Riche und Leonard Celliers. Während der 1880s folgten Jan und George Lerm, Dirk Brand, Andries und Jacobus Burger sowie Gert und Abraham Coetzee. Koos van Zyl, ein unvergesslicher Charakter in der Gegend von Warmbad, siedelte auf Amas. "Amas Kautabak" sollte später in ganz Namibia berühmt werden.

Das älteste Geschäft in Warmbad wurde durch die Morris-Familie begründet. Das Morris'sche Geschäft ist auf einer Photographie von Palgrave aus dem Jahre 1876 zu sehen. Eine Missionshandelsgesellschaft wurde 1877 gegründet. Die Gebäude dieser Gesellschaft wurden 1893 durch die "Kharaskhoma Gesellschaft" übernommen, die von Theophilus Hahn mitbegründet worden war. Die Land- und Minenkonzessionen dieser Gesellschaft gingen 1895 an die "South African Territories Limited" über.

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Der Friedhof von Warmbad: Mit einem Grab, das an die Geschichte des Kharaskhoma-Syndikats des Südens erinnert
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Die deutsche Kolonialzeit begann mit einem Schutzvertrag zwischen dem kaiserlichen Reichskommissar Dr. H. Göring und dem Führer der Bondelswart Namas, Wilhelm Christian, am 21 August 1890. Ab 1894 wurde ein Truppendetachment der deutschen Schutztruppe in Warmbad stationiert. Obwohl Warmbad ab 1895 Distriktsstatus hatte, blieb es ein Unterbezirk von Keetmanshoop. Erst 1910 bekam Warmbad seinen eigenen Bezirksrat.

Während des Freiheitskrieges der Nama gegen die deutsche Kolonialherrschaft (1903-1909) bekam Warmbad ein eigenes Fort (1905) und andere militärische und bürgerliche Gebäude, unter ihnen das Gebäude der Distriktsverwaltung (1904/05) und das Offiziershaus (1908). Außerdem wurden die bestehenden Rinder- und Kamelkräle vergrössert. Auf einem Hügel östlich der Stadt liegt das Garnisonshospital sowie das Doktorenhaus aus dem Jahre 1908. Im gleichen Jahre wurde auch das grosse Schwimmbad gebaut, das in soliden Fels gesprengt und mit Lehmziegeln ausgekleidet wurde.

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Reste des deutschen Forts in Warmbad, die 1913 als die gegenwärtige Polizeistation restauriert wurden: Das Fort diente als Hauptquartier für Leutnant Walter Jobst, der im Oktober 1903 während des Bondelswart-Aufstandes den Tod fand. Es wurde mehrere Male von Marengos Streitkräften in 1903 und 1904 vergeblich belagert
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Das Grab des Bondelswart-Gruppenführers, Jan Abraham Christian (Tôasib: |Nanseb Kaib #Naoxamab), in Warmbad (Alte Werft), der gegen die Deutschen (Walter Jobst) am 25.10.1903 gefallen ist und damit den Deutsch-Namibischen Krieg, 1903-1909, einleitete
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Der Friedhof in Warmbad mit deutschen Soldatengräbern von den verschiedenen Schlachten zwischen 1903 and 1905: Walter Jobst' Grab ist der große Grabstein im Hintergrund
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Garnisonshospital mit dem Ärztehaus in Warmbad
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!Gami-#nun-Frauen in Warmbad, Oktober 1988
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Am 21. Juni wird Gabis, westlich von Warmbad, von dem !Gami-#nun-Gruppenführer Johannes Christian angefallen
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Im Jahre 1915 besetzten die südafrikanischen Unionstruppen Ukamas und die Deutschen verließen daraufhin Warmbad im März des selben Jahres. Damit ging die deutsche Kolonialzeit auch in Warmbad zu Ende.

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Die 83 jährige Anna Veldskoen, Enkeltochter von Abraham Morris, die in Gabis im Bondelswart-Gebiet lebt
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Timotheus Morris (geboren am 06.05.1952), Enkel von Abraham Morris, der im Jahre 1922 während des Bondelswart-Aufstandes gegen die Südafrikaner gefallen ist
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Der Friedhof von Warmbad: Mit einigen Gräbern von Bondelswart- Gruppenführern von Warmbad
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3.0 BESCHREIBUNG DES GEBÄUDES

 

3.1 GESTALTUNG

 

Die alte Missionskirche von Warmbad ist in Nord-Süd Richtung ausgerichtet. Die zerstörte Giebelfront befindet sich an der Nordseite. Es handelt sich um eine längsrechteckige, aus Natursteinen errichtete Saalkirche 24,25 m x 11,50 m mit an dem Südgiebel angesetztem, über quadratischem Grundriss emporstrebendem Turm mit Zeltdach 3,70 m x 3,70 m. Das Satteldach des Kirchenschiffes wird durch die über den Ortgang hinausragenden Giebelmauern gefasst. Die Seitenwände des Schiffes sind durch je drei Spitzbogenfenster 2,50 m x 1,00 m gleichmäßig unterteilt und durch vorgesetzte, sich treppenförmig nach oben verjüngende Stützpfeiler in drei gleiche Felder aufgegliedert. Innen ist das Kirchenschiff - wahrscheinlich nachträglich - im letzten Drittel des Raumes nach Norden hin durch eine Wand getrennt, um Platz für eine Sakristei zu schaffen (Hauptkirchenraum 17,50 m x 7,90 m und Sakristei 5,75 m x 7,90 m). Sie wird an den Traufenseiten über je ein Spitzbogenfenster belichtet und verfügt über eine vermutlich ebenfalls nachträglich eingebrachte separate Eingangstür sowie ein Fenster östlich von der Tür am Nordgiebel.

Der Naturstein der Kirche ist steinsichtig belassen. Die aus kleinformatigen Formsteinen bestehenden Laibungen der Fenster und Türen sind geputzt und an den Aussenwänden als Blenden architektonisch hervorgehoben.

 

3.2 BAUAUSFÜHRUNG

 

Die tragenden Aussenwände sind 700 mm stark und bestehen als Aussenschale aus einem Konglomerat aus Feld- und Bruchsteinen (Gneis, Dolerit und granitischer Felsen). Die Innenschale besteht aus 'Lehmziegeln' in Lehmmörtel gemauert. Das Füllmauerwerk setzt sich aus überwiegend trocken geschichteten Bruchsteinsplittern zusammen. Maueröffnungen sind mit Formsteinen abgeglichen und im Sturz mit Holzbohlen überbrückt. Die langen Traufseiten, die über keine innere Queraussteifung verfügen, werden durch abgetreppte Strebepfeiler gesichert. Die Dachkonstruktion ist als einfaches Hängewerk ausgebildet und mit Wellblechtafeln eingedeckt. Die ursprüngliche Schilfmattendecke als Zwischendecke ist nicht mehr vorhanden.

 

4.0 BESCHREIBUNG DER BAUSCHÄDEN

 

4.1 SCHADENSURSACHE

 

Während des In-Situ Besuches war es nicht ohne weiteres möglich, sofort und eindeutig die Schadensursache festzustellen. Es waren allerdings keinerlei Hinweise auf gewaltsame Beschädigungen wie Erdbeben oder mutwillige Zerstörungen zu finden. Auch die Befragung von Mitgliedern der örtlichen Bevölkerung, wie der Leiterin des Warmbader E.L.K.-Kindergartens und zwei Kirchenältesten, erbrachten keine näheren Fingerzeige. Unter Berücksichtigung aller Faktoren lässt sich der Schaden m.E. auf zwei Ursachen beschränken.

 

4.2 SCHADEN DURCH INSTABILITÄT

 

Die Tatsache, dass im gesamten Mauerwerk des Nordflügels so gut wie keine sichtbaren Risse vorhanden sind (die Risse in den Strebepfeilern werden nachfolgend noch behandelt) und die Bausubstanz der Kirche, abgesehen von der Nordwand, als gesund angesehen werden muss, lässt den Einsturz des oberen Giebelmauerwerkes kaum als Folge von Setzungserscheinungen oder Verformungen der Fundamente erklären. Das Schadensbild ist dafür eher untypisch. Es ist auch kaum vorstellbar, dass der relativ massenleichte Dachstuhl, der in sich selbst keinerlei Verformungen zeigt, den Giebel 'weggedrückt' haben könnte. Mangelhaft ausgeführtes Mauerwerk, das durch Missionar Weber und sicherlich ungeschulte Bauarbeiter vor 1877 aufgerichtet wurde, könnte ein theoretischer Grund sein. Gegen diese Theorie spricht jedoch die gesunde Bausubstanz der übrigen Mauern. Konstruktiv ist die Verbindung der Dachlattung mit dem Giebelmauerwerk als einzige Längsaussteifung nicht sehr wirkungsvoll und daher außer Acht zu lassen. Bei der Mächtigkeit der 700 mm dicken Mauern und ihrer für eine solche Dicke eher bescheidenen Abmessung ist eine solche Längsaussteifung auch nicht unbedingt erforderlich. Die vorhandenen und höchstwahrscheinlich nachträglich eingebrachten Tür- und Fensteröffnungen in der Nordwand könnten theoretisch, zusammen mit einem Ermüden und/oder Schwinden der Sturzbohlen darüber, eine Schwächung des Mauerwerkes verursacht haben. Aber, auch das wird bei den kleinen Abmessungen der Öffnungen nicht für sehr wahrscheinlich erachtet.

 

4.3 SCHADEN DURCH WITTERUNGSEINFLÜSSE

 

Nach Beurteilung aller zur Verfügung stehenden Faktoren muss der Schluss gezogen werden, dass der Schaden durch Witterungseinflüsse verursacht wurde. Die Inspektion zeigte deutlich, wie auch auf den Photos sichtbar, dass der Abschluss des Giebels nicht durch das Dach überdeckt war, sondern über den Ortgang in Form einer Attika hinausgezogen war. Das Mauerwerk des Nordgiebels war nicht durch irgendwelche baulichen Massnahmen gegen Niederschlagswasser geschützt. Das Mauerwerk besteht aus zwei Schalen mit loser Bruchsteinfüllung mit Lehmverfugung. Trotz des aussergewöhnlich trockenen Klimas (zwischen 50 und 100 mm gemittelter jährlicher Niederschlag) ist damit zu rechnen, dass in einem über hundertjährigem Zeitraum doch soviel Niederschlagswasser in das ungeschützte Mauerwerk eindringen konnte, dass hier allmählig Auswaschungen und Bindemittelverlust eintraten. In Verbindung mit den durchaus auftretenden Nachtfrösten kann es so zur Auflösung des oberen Teils der Mauer gekommen sein. Diese Vermutung wird bestärkt durch Feuchtigkeitsspuren, die an den Strebepfeilern festgestellt wurden. Diese Feuchtigkeitsausschläge sind deutlicher im unteren Bereich, wo die Wasserschläge - konstruktiv bedenklich - waagerecht ausgeführt wurden. Diese Feuchtigkeitsspuren werden verstärkt durch Spuren von Salzausblühungen, die nur durch Feuchtigkeit im Stein oder Mörtel und ihrer anschliessenden Kondensation an die Oberfläche gelangen. Der nach Westen gerichtete nördliche Strebepfeiler weist starke Rissbildungen auf, die bereits in Mauerwerksauflösung übergehen.

 

5.0 SANIERUNGSVORSCHLÄGE

 

Auf Grund der oben beschriebenen Schadensursache durch Witterungseinflüsse können im Rahmen dieser Durchführbarkeitsstudie nur allgemeine Vorschläge gemacht werden, die auf jeden Fall vor Festlegung der Ausführungsweise, vor Baubeginn, noch näher verifiziert werden müssen. So ist es unbedingt erforderlich, die Gründungsverhältnisse sowie die Fundamente der Kirche zu untersuchen und ihren Istzustand zu prüfen. Das Tragverhalten der Gründungsfuge, seine Feuchtigkeitsableitung bzw. -speicherung wären festzustellen. Das Auftreten eventuell vorhandener Staufeuchtigkeit müsste durch geeignete Baumassnahmen ausgeschaltet werden. Ehe auf einzelne Sanierungsvorschläge näher eingegangen werden kann, sind einige, allgemeine Vorbemerkungen über Konstruktion und Sicherung von Natursteinmauerwerk angebracht.

 

5.1 KONSTRUKTIONS- UND SICHERUNGSTECHNIKEN

 

Eine wichtige Voraussetzung bei der Anwendung von Methoden, die der weitgehenden Erhaltung des ursprünglichen Baustoffes dienen, ist die Sicherung der Tragfähigkeit der Struktur, des Mauerwerkes aus Naturstein. Deshalb werden einige grundsätzliche Hinweise über die Ausführung von Konstruktions- und Sicherungstechniken und die Erhaltung von Natursteinmauerwerk gemacht.

 

5.1.1 AUSFÜHRUNGSREGELN FÜR NATURSTEIN- UND BRUCHSTEINMAUERWERK

 

Als Austauschmaterial für beschädigte Teile eines Natursteinmauerwerkes sollte möglichst das gleiche Gesteinsmaterial gebraucht werden wie in der ursprünglichen Baustruktur. Wichtige Eigenschaften sind Farbe, Textur und Oberflächenbild, Druckfestigkeit, Elastizitätsmodul, thermisches Verhalten, Quellen und Schwinden sowie die Wasseraufnahme und die Wasserdampfdurchlässigkeit. Das Steinmaterial sollte rissefrei, mit möglich geringen Anteilen an tonigen oder mergeligen Bindemitteln und möglichst ohne ausgeprägt schichtigen Aufbau sein. Auf folgende Punkte sollte bei der Ausführung besonders geachtet werden:

- Versetzen der Steine mit der Belastung senkrecht zum natürlichen Lager des Steins

- Steinformate bei harten Steinen, wie bei der Warmbader Kirche: 1/2/3 bis 6

- bei Schalenmauerwerk, wie bei der Warmbader Kirche, Bindersteine bis in die Füllschicht oder die Hintermauerung vorsehen (zwei Läufer im Wechsel mit einem Binder)

- Steine in Stoß- und Lagerfugen vollfugig vermörteln, Mörtelmaterial nicht härter als der Stein

- Stoßfugen nie über mehr als zwei Steinschichten durchlaufenlassen, Steinüberdeckung bei Stoßfugen 100 - 150 mm

- bei Mischmauerwerk mit Hintermauerung sollte die Summe der Höhe der Lagerfugen von Vormauerung und Hintermauerung gleich sein

Bei Arbeiten an vorhandenem Natursteinmauerwerk können zusätzliche Baumassnahmen erforderlich werden wie die Sanierung einbindender, eventuell aussteifender Holzkonstruktionen (Dachtragewerke) oder die Überarbeitung von wasserabführenden Bauelementen (Eindeckungen, Regenrinnen, Verwahrungen).

Im Falle der Warmbader Missionskirche haben wir es hauptsächlich mit Bruchsteinmauerwerk zu tun, wo wenig bearbeitete Natursteine im allgemeinen zwei relativ ebene, mehr oder weniger parallele Seiten aufweisen. Bei einem solchen Mauerwerk kommt der Verfugung und Vermörtelung der Steine eine wichtige Funktion bezüglich der Standsicherung der Mauern zu. Das Tragwerk muss als Gesamtkonstruktion 'Steine und Fugen' analysiert werden. Schwachstellen bei Bruchsteinmauerwerk, die im Besonderen beachtet werden müssen, können die folgenden sein:

- grossflächige Hohlstellen, vertikale Risse, Beulen und Ausbauchungen bei Schalenmauerwerk

- Gefügeverschiebungen, Ausbeulungen und Schiefstellungen durch fehlende Höhenabgleichung der Steinlagen

- ungenügende Anzahl durchbindender Steine beim Schalenmauerwerk und Vollmauerwerk

- sich öffnende Fugen, Absprengungen von Steinkanten durch unterschiedliches Steinmaterial

- Fugenverschiebungen oder ausbrechende Fugen durch Steine mit schrägen oder gerundeten Lagerflächen

- steinunverträgliche Fugenmörtel oder untereinander unverträgliche Mörtel verschiedener Art

- Abschieferung und Schalenbildung bei qualitativ minderwertigen Steinen

 

5.1.1.1 OBERFLÄCHENBEHANDLUNG

 

Der Oberflächenschutz gegen Witterungseinflüsse ist bei Bruchsteinmauern oft schwierig zu gewährleisten. Die unregelmässige Form der Steine mit unterschiedlichen Fugenbreiten und Kontaktflächen zwischen Fuge und Stein und die konstruktiven Belastungen des Fugenmörtels mit eventueller Rissbildung erschweren das Abdichten der Mauerflächen. Im Falle von steinsichtigen Mauern, wie bei der Warmbader Kirche, kann bei gelösten Kontaktflächen zwischen Fuge und Stein oder im Falle von Rissen Feuchtigkeit in die Mauer gelangen.

Bei der Teilerneuerung von Mauerwerksflächen aus Bruchsteinen kann es erforderlich sein, einzelne schadhafte Steine auszuwechseln. Derartige Steine sollten ohne stärkere Erschütterungen des Mauerwerkes ausgebaut werden. Bei Schalenmauerwerk sind Durchbindersteine möglichst an ihrem Ort zu belassen. Nach dem Entfernen loser Stein- und Mörtelreste werden die passend behauenden Steine in die vorgenässte Öffnung eingesetzt und in das rundum vollflächig angelegte Mörtelbett eingedrückt bis der Mörtel an der Vorderseite hinaus quillt. Der Fugenmörtel wird etwas ausgekratzt und nach dem Abbinden ausgefugt.

Müssen, wie bei der Nordwand der Warmbader Kirche, grössere Flächen von Bruchsteinmauerwerk ausgetauscht werden, so kann unter Umständen als Vorarbeit ein Verspannen des Wandquerschnittes mit Kanthölzern oder eventuell eine Vernadelung mit Nadelankern, die unten noch näher behandelt werden, erforderlich sein. Besondere Aufmerksamkeit muss dem Ausbeulen von Wandteilen geschenkt werden, da hier unter Umständen mit dem totalen Verlust der Standsicherheit gerechnet werden kann. Alternativ zum Abbrechen und Neuaufbau von fragwürdigen Wandteilen kann eine Stabilisierung durch Verpressen in Erwägung gezogen werden. Bei Schalenmauerwerk mit qualitativ minderwertiger Füllung sollten geschädigte Teile der Füllschicht nicht wieder geschüttet, sondern besser im Verband mit den Schalen aufgemauert werden. Die Summe der Höhen der Lagerfugen aussen und innen sollte etwa gleich sein.

Das Ausbauen geschädigter Wandteile ist normalerweise bis zu einem verbleibenden Querschnitt von drei Vierteln der Wanddicke ohne zusätzliche Abstützung möglich. Der Ausbau sollte in versetzten Teilstücken erfolgen, damit immer genügend tragende Mauerwerksteile vorhanden sind. Um zu grosse Fugen oder grössere Lastkonzentrationen auf den Vorderkanten der Steine zu vermeiden, sollten Einzelsteine durch kleinere Steinstücke ausgekeilt werden (Verzwicken). Die oberste Steinschicht sollte ein bis zwei Tage nach dem Aufmauern der übrigen Wand eingepasst werden. Die Schlusssteine in einer grösseren Wandfläche sind immer auszukeilen.

 

5.1.1.2 HOHLSTELLEN- UND RISSBEHANDLUNG

  

Hohlstellen sind bei Schalenmauerwerk häufig anzutreffen. Das Ausfüllen der Hohlräume mit Injektionen kann zur Mauerquerschnittsstabilisierung oder zur Erzielung eines homogenen Querschnittes erforderlich sein - zum Beispiel als Vorarbeit für Injektagen zur nachträglichen Querschnittsabdichtung gegen aufsteigende Mauerfeuchtigkeit. Solche Arbeiten sind nur durch sehr erfahrene Fachleute, die in Namibia nicht häufig zu finden sind, auszuführen. Es muss vor allen Dingen geachtet werden, dass Risse und Klüfte im Mauerwerk abgedichtet werden, um ein Abfließen des Injektionsmittels zu vermeiden. Hohlstellen werden für das Einbringen von Füllstutzen aufgebohrt. Es muss auch darauf geachtet werden, dass der Druck für das Eindringen des Injektionsmittels nicht die Standsicherheit der Mauer gefährdet.

Vor einer Rissbehandlung muss die Ursache des Risses bestimmt werden und geklärt werden, ob der Riss konsolidiert ist, oder weitere Rissbewegungen zu erwarten sind. Im Fall eines unkonsolidierten Risses ist eine starre Rissüberbrückung nicht sinnvoll, sondern eine flexible Schließung angebracht. Konsolidierte Risse können durch Abdichten der Rissoberfläche und dem Einbringen der Füllmasse im Gießverfahren bis hin zu Verfahren, die unter Druck verpressen, geschlossen werden. Für konsolidierte oder unkonsolidierte Risse stehen verschiedenartige Füllmaterialien auf der Basis von zweikomponentigen Injektionsharzen (Epoxids) zur Verfügung.

 

5.1.1.3 VERANKERUNG MIT NADELANKERN

 

Mauerwerk kann durch Vernadelung statisch gesichert werden. Dabei werden relativ dünne Betonstähle von mindestens 12 mm Durchschnitt als Zuganker mit leichter Vorspannung in Bohrlöcher im Mauerwerk eingesetzt und mit einer Suspension von Zement, Kalk und Wasser verpresst. Durch die Vernadelung sollen keine zusätzlichen Vorspannkräfte eingebracht werden, sondern es soll der bestehende Zustand, einschließlich eventueller Verformungen, statisch fixiert werden. Zusätzliche Spannungen werden von den Nadelankern aufgefangen, so dass weitere Bewegungen der Mauer verhindert werden. Angewendet wird dieses Verfahren bei Mauerwerksausbeulungen, bei grösseren Hohlstellen in mehrschaligem Mauerwerk sowie zur Wiederherstellung der Verbindung von einander gelösten Einzelschalen. Die Bohrlöcher für die Zuganker haben im allgemeinen einen Durchschnitt von 80 mm. Die Ankerköpfe werden in Aussparungen angeordnet und verfüllt. Die Zuganker haben auf beiden Seiten Gewinde, die eine Vorspannwirkung durch Spannschlösser erlauben. Die Aussparungen der Ankerköpfe können am Schluss durch vorgesetztes Steinmaterial verdeckt werden.

 

5.1.1.4 MAUERMÖRTEL UND VERFUGUNG

 

Die Erfahrung hat gelehrt, dass normale Mörtelsorten für konventionelles Ziegelmauerwerk, wie z.B. Zementmörtel, nur bedingt für Natursteinmauerwerk geeignet sind. Abhängend von vorhandenem Gestein und Mörtel sollte eine optimale, individuelle Mörtelmischung entwickelt werden. Häufig werden Kalkmörtel statt Zementmörtel vorgeschlagen. Die Anforderungen an den Mörtel sind:

- möglichst weicher und elastischer als der Stein zu sein (E-Modul zwischen 5 und 10 MPa)

- möglichst geringer Wasserverlust, gute Haftung - auch auf porösen Unterlagen, Wasserdampfdurchlässigkeit

- möglichst kein Schwinden des Mörtels - besser geringes Quellvermögen (bis zu 0,3%)

- Korngrössen des Sandzuschlages etwa 1/3 der Fugenhöhe

Als Richtwert für die Mischung von hydraulischem Mörtel, der für Fugen wechselnder Stärke geeignet ist, kann im Mittel eine Zusammensetzung aus einem Raumteil Bindemittel und etwa 2 bis 2,2 Raumteilen Zuschlag angesehen werden. Für Verfugungen von Natursteinmauerwerk ist folgendes bei der Ausführung zu beachten:

- vorhandene Fugen mindestens in Fugenstärke auskratzen, eventuell im Nassverfahren sandstrahlen

- Mörtel von Steinbeimauerungen vor dem Ausfugen abbinden lassen, breite Fugen mit Steinstücken ausfüllen

- Fugenflanken vornässen, sehr tiefe Fugen vorfugen und tiefere Mörtelschichten abbinden lassen

- Arbeitsablauf in zwei Schichten mit versetzten Stößen:

a) erste Schicht: Stoßfugen setzen, dann Lagerfugen

b) zweite Schicht: Lagerfugen setzen, dann Stoßfugen

- Fugenmörtel mit passendem Druck einbügeln, besonders zum Steinrand hin, die Oberfläche der Fuge an das vorhandene Erscheinungsbild anpassen

- Fugen sollten mit der Steinvorderkante bündig abschließen, damit sie keinen Ansatzpunkt für Verwitterungseinflüsse bieten.

Nach den Grundsätzen, die oben behandelt worden sind, werden für die Sanierung der nördlichen Giebelwand der alten Missionskirche von Warmbad zwei Alternativlösungen vorgeschlagen.

 

5.2 SCHLIEßEN DER EINSTURZÖFFNUNG ÜBER DEM MAUERWERK

 

Unter Berücksichtigung der Prinzipien der Denkmalspflege, die auch in Namibia beachtet werden sollten, sollten bei Instandsetzungsarbeiten an historisch bedeutsamen Bauwerken, wie der E.L.C. Kirche in Warmbad, nur so viel Orginalsubstanz ersetzt werden, wie unbedingt erforderlich. Außerdem sollte angestrebt werden, diesen Ersatz möglichst mit gleichem Material und in gleicher Technik wie beim Ursprungsbau auszuführen. Sollte sich bei näherer Untersuchung herausstellen, dass das verbliebene Mauerwerk der Nordwand zwischen den Strebepfeilern noch einwandfrei ist, und die Gründungsverhältnisse zu keinerlei Zweifeln Anlass geben, wäre ein Aufmauern auf dem vorhandenen Restbestand denkbar. Dafür müsste das Mauerwerk einschließlich der Stürze über der Tür und dem Fenster abgetragen werden. Die Stürze müssten nach statischen und konstruktiven Gesichtspunkten erneuert werden und das vorhandene Mauerwerk zur Aufnahme des neu aufzusetzenden Mauerwerkes vorbereitet werden. Das bedeutet, dass seine Tragfähigkeit verbessert werden müsste, indem nach den obigen, entwickelten Richtlinien die Hohlräume des Füllmauerwerkes durch Injektage geschlossen werden. Erst nach dieser Stabilisierung könnte das aufgehende Mauerwerk aufgesetzt und sorgfältig mit dem Traufmauerwerk verzahnt werden. An den Traufseiten ist das neue Mauerwerk über die gesamte Wanddicke von 700 mm schichtweise einzubinden. Das neue Mauerwerk sollte aber nicht wieder zweischalig mit Füllmauerwerk ausgeführt, sondern als massives, durchgehend vermörteltes mit einer Aussenschale ca. 350 mm dick aus den vorhandenen Bruch- und Feldsteinen und einer unmittelbar angefügten Hintermauerung aus Normziegeln ca. 350 mm dick errichtet werden. Das zweischalige Mauerwerk ist vollfugig in Kalkmörtel zu mauern, wobei auf ein Ineinander greifen (Verzahnung) von Bruchsteinen und Ziegelmauerwerk (siehe Detailskizze 8.4) zu achten ist. Die Arbeiten haben die Herstellung einer Türöffnung (ca. 1,10 m x 2,80 m), einer rechteckigen Fensteröffnung (ca. 0,50 m x 1,50 m) und einer runden Fensteröffnung (ca. 700 mm Durchmesser) mit sauber vor den Bruchsteinen gesetzten Ziegeleinlaibungen und scheitgerechtem Sturz auf Holzbohle einzuschließen. Der obere Mauerwerksabschluss sollte zur Ableitung des Regenwassers eine Abdeckung aus Zinkblech erhalten, um die Schadensursache für den Einsturz der Nordwand diesmal auszuschließen.

 

5.3 ERNEUERUNG DES GESAMTEN NORDGIEBELS

 

Auch hier wäre vor Baubeginn eine genaue Bauaufnahme der Giebelwand erforderlich. Das gesamte bestehende Mauerwerk müsste dann zwischen den nördlichen Strebepfeilern bei gleichzeitiger Absteifung der beiden Traufwände abgetragen werden. Danach müsste der Istzustand des Fundamentes untersucht und eine Entscheidung über seine Sicherung bzw. Erneuerung gefällt werden. Danach müsste über der bestehenden oder neuen Fundamentfuge das neue Mauerwerk nach den Richtlinien, die in obigem Paragraph aufgestellt worden sind, hochgezogen werden. Es ist auch bei dieser Alternative darauf zu achten, dass das aufgehende neue Mauerwerk sorgfältig in die Traufwände eingebunden wird, unter Umständen ist eine zusätzliche Vernadelung erforderlich. Das Mauerwerk ist satt in Mörtel zu verlegen. Der Mörtel sollte weitgehend dem ursprünglichen Mörtel angepasst werden, soweit er nicht aus reinem Lehm besteht. Geeignet wäre nach obigen Richtlinien Kalkmörtel mit Zuschlagsstoffen mit unterschiedlichem Kornanteil bis 0,7 mm im Verhältnis 1 : 3. Zementmörtel sollte vermieden werden. Bei hydraulischen Kalken ist eine Mischung von einem Raumteil Bindemittel zu 2 bis 2,2 Raumteilen Zuschlagsstoffen geeignet. Die Mörtelauswahl sollte unter tragwerksplanerischen Gesichtspunkten erfolgen. Eine farbliche Übereinstimmung mit dem In-situ Mörtel wäre jedoch wünschenswert.

 

 

5.4 SANIERUNG DES VORHANDENEN MAUERWERKES

 

 

Die Sanierung des vorhandenen Mauerwerkes hat, besonders im Hinblick auf die Verfugung und die Steinauswechslung, nach den Grundsätzen, wie oben behandelt, zu erfolgen.

 

 

6.0 RENOVIERUNG DER RESTKIRCHE UND SCHLUSSBEMERKUNG

 

  

Abgesehen von dem Schadensfall der eingestürzten Nordwand ist die Bausubstanz der alten Missionskirche von Warmbad durchaus als gesund zu bezeichnen. Irgendwelche weiteren Rehabilitierungsmassnahmen, wie für die nördliche Giebelwand, werden nicht vorgeschlagen. Es ist erforderlich, das gesamte Dach durch entsprechende Dichtungsmittel abzudichten und zu rejuvinieren. Das hölzerne Hängewerk des Dachstuhls ist nicht erneuerungsbedürftig, muss aber mit Schutzfarbe gestrichen werden. Das Innere der Kirche muss neu ausgemalt werden, wobei der Innenputz stellenweise erneuert oder ausgebessert werden muss (etwa 5% der totalen Wandflächen). Auch hier sind bei der Farbwahl denkmalspflegerische Grundsätze zu berücksichtigen. In den Wänden sind kaum Risse mit geringen Rissweiten beobachtet worden. Der bestehende Holzfußboden ist völlig verrottet und muss als Ganzes erneuert werden. Ursprünglich befanden sich Schilfmatten als Zwischendecke im Kirchenraum, die heute nicht mehr vorhanden sind. Neue Schilfmattendecken auf einem Lattenrost werden als optionales Extra in die Kostenschätzung eingesetzt, um so weit wie möglich den ursprünglichen Zustand der Kirche wieder herzustellen. Die bestehenden Kerzenkronleuchter (die Warmbader Kirche ist, wie der grösste Teil der Gemeinde Warmbad, an keinerlei elektrisches Stromnetz angeschlossen) müssen erhalten und neu fixiert werden.

Im nächsten Kapitel wird eine Kostenschätzung für die Sanierungs- und Renovierungsmassnahmen der Warmbader Missionskirche vorgenommen (Tabelle). Dieser Kostenschätzung liegen die ortsüblichen Preise für die ländlichen Gebiete in Namibia's Süden für Anfang 1989 zugrunde. Die Preise werden für Südafrikanische Rand (R), der immer noch in Namibia gesetzlichen Währung, angegeben. Soweit es sich um die Sanierung der nördlichen Giebelwand handelt, bezieht sich die Kostenschätzung auf die völlige Erneuerung des Feld- und Bruchsteinmauerwerkes einschließlich der Erneuerung des Fundamentes. Wenn nach den in der zweiten Alternative ausgearbeiteten Grundsätzen nur eine Teilerneuerung der Wand nötig sein sollte, werden sich die Kosten dementsprechend verringern. Die Massenermittlungen wurden durch die Vermessungen des Besuches vom November 1988 bestimmt. Die Kostentarife ergeben sich aus einer Vielzahl von Kostenermittlungen für Bauaufträge im Süden Namibia's. Sie basieren zum Teil auf Kontraktpreisen für den Bau und Unterhalt von staatlichen Gebäuden im Süden Namibia's des Ministerium's für Öffentliche Arbeiten, Verkehr und Postwesen der Republik Namibia. Es muss allerdings hinzugefügt werden, dass sich, verursacht durch die übergrosse Inflationsrate von etwa 15% pro Jahr, beträchtliche Preisvariationen auf dem Bausektor abspielen. Die augenblickliche Preissteigerungsrate für Preise im Bauwesen liegen in Namibia augenblicklich bei gemittelt 26% pro Jahr. Um diese Fluktuationen teilweise, sowie Planungs-, Reise, Spesen und Aufsichtskosten, zu berücksichtigen, werden für 'Unvorhergesehenes' 15% und die Verkaufssteuer 10%, also 25% im Ganzen hinzugefügt.

Die Herstellungskosten für die Pastorie von 1834, die zum Teil noch auf den Fundamenten des Albrecht'schen Missionshauses, das vor 1810 errichtet wurde, gebaut wurde, wurde in einer gesonderten Studie für die Evangelisch-Lutherische Kirche in Namibia errechnet [4].

Eine Kostenschätzung für die Restaurierung der alten Pastorie aus dem Jahre 1988 ergab einen Kostenvorschlag von R 91 118,00.

Die Kirche und die 'Alte Pastorie' wurden 1990 nach obigen Richtlinien restauriert und am 19. November 1990 der Evangelisch-Lutherischen Kirche von Namibia übergeben.

 

Endnoten

[1] Dierks, Klaus: //Khauxa!nas-Schans Vlakte - Oldest Urban Settlement in Namibia? - A Symbol for Independence, Windhoek, 1987
[2] Dierks, Klaus: //Khauxa!nas - The Great Namibian Settlement, Windhoek, 1991
[3] Otto-Reiner, Antje und Günter von Schumann: Warmbad - A Forgotten Town, Windhoek, 1990
[4] Dierks, Klaus (Namibia Consult Incorporated): Evangelican Lutheran Church in Namibia: Feasibility Study: Survey of 'E.L.C.' Hostels and Kindergartens: Additions, Alterations, Upgradings and Repairs, Windhoek, 1988