1959 | Sam Shafiishuna Nujoma tritt der
OPO bei. Nujoma wird durch Andimba Toivo Ya Toivo in Kapstadt beeinflusst, während er
für die südafrikanische Eisenbahn arbeitet, obwohl er Toivo erst sehr viel später
persönlich trifft (1984). Später im Jahr übernimmt er zusammen mit Jacob Kuhangua die
Leitung des Windhoeker Zweigbüros der OPO auf der "Alten Werft". Er organisiert
auch die Unterstützung der Kontraktarbeiter in Walvisbucht und Otjiwarongo. Im gleichen
Jahr noch wird er Präsident der OPO. Vize-Präsident wird Louis Nelengani und Jacob
Kuhangua Generalsekretär der Partei. Simon "Mzee" Kaukungua wird OPO Parteiverwalter in Ohalushu. Später wird er einer der ersten Bittsteller bei den Vereinten Nationen. "Mzee" schickt seine Petitionen mit Hilfe von Michael Scott oder Toivo Ya Toivo an die UNO. Die Petitionen werden von Theophilus Hamutumbangela ins Englische übersetzt. Der Herero Chiefs Council schickt Hans Beukes und Jariretundu Kozonguizi zu den Vereinten Nationen als Vertreter eines zukünftigen unabhängigen Namibias. Immanuel Gottlieb "Maxuilili" Nathaniel tritt der OPO bei. Gertrud "Rikumbi" Rikumbirua Kandanga wird Mitglied bei der OPO und wird gleichzeitig Sekretärin der OPO Frauen-Liga in Walvisbucht. Nujoma bittet John Ya Otto, als Übersetzer bei den Basterführern in Rehoboth zu fungieren. Die SWA Coloured Organisation (SWACO) (SWA Farbigen-Organisation) wird in Windhoek gegründet. Die SWACO nimmt eine Pro-südafrikanische Haltung ein. Eine weitere "Farbigen-Organisation" wird mit der Volksorganisasie van Suidwes-Afrika (Volksorganisation von Südwestafrika) ins Leben gerufen. Diese Vereinigung ist in ihrer Haltung anti-südafrikanisch und wird bald wieder aufgelöst. Eine dritte Baster-Körperschaft entsteht in den sechziger Jahren mit der Burgerorganisasie van Rehoboth (Bürgerbewegung von Rehoboth). Auf nationaler Ebene spielt diese Partei nur eine geringe Rolle. In diesem Jahr werden die Pläne für eine neue Farbigen-Siedlung westlich vom Windhoeker Stadtzentrum (Khomasdal) fertiggestellt. Die Farbigenorganisationen SWACTA und SWACPB kritisieren diese Pläne, nicht aus ideologischen, sondern aus praktischen Gründen, wie fehlende städtische Verkehrsverbindungen zu den Arbeitsplätzen und Einkaufszentren. König Iipumbu ya Tshilongo stirbt im Krankenhaus von Oshikuku im Ovamboland. Mitglieder der SWAPA (und anderer Organisationen) geben eine Zeitung in Englisch, Afrikaans, Otjiherero und Oshivambo (ein Artikel erscheint sogar auf Deutsch) heraus: South West News (erste Ausgabe: 05.03.1960). Sie ist die erste Zeitung, die die Entstehung eines namibischen Nationalismus unter "Schwarzen" propagiert. Redakteure sind Emil Appolus und Zedekia Ngavirue. Letzterer spielt später eine wichtige Rolle in der Südwestafrikanischen National-Union (SWANU). Sie wird von liberalen Weißen wie Karl Ferdinand Lempp von der Allgemeinen Zeitung (AZ), Daan Minnaar von The Windhoek Advertiser und Dan Tregoning aus Otjiwarongo unterstützt. Es gibt nur neun Ausgaben. Die letzte Ausgabe erscheint am 03.09.1960. Der "schwarze" Verlag, die African Publishing Company (gegründet 28.10.1959), wird 1961 aus finanziellen Gründen und weil die meisten Redakteure inzwischen ins Exil gegangen waren, liquidiert. Der |Hai-|khauan-Führer Edward Isaak Jr. stirbt in Berseba. Sein Nachfolger wird Diederik Isaak. Der Machtstreit zwischen den Goliath- und Isaak-Familien bricht wieder voll aus. Das führt zur zusätzlichen Anstellung von David Christian Goliath durch die südafrikanischen Behörden. Mit den aufkommenden neuen Machtkämpfen um ein unabhängiges Namibia und der Einführung des südafrikanischen Odendaal-Planes werden die beiden Fraktionen in die entstehenden politischen Lager gezogen. Der Isaak-Clan unterstützt das Namaland-Konzept der Südafrikaner und folgerichtig später die Demokratische Turnhallenallianz (DTA), während der Goliath-Clan sich in den 1970igern der SWAPO anschließt. Pastor Markus Kooper verwirft südafrikanische Pläne, die Kai5khaun (auch Rote Nation genannt) aus Hoachanas zu vertreiben und in Aminuis und Tses anzusiedeln. In Folge muss Kooper Hoachanas verlassen und geht nach Itsawisis in der Nähe von Tses ins Exil. Die private Luftreederei Suidwes Lugdiens unternimmt ihren ersten Charterflug zwischen Süd-Angola und Windhoek. Die südafrikanischen Eisenbahnen kaufen für £ 9 Millionen 115 General Electric Klasse 32-000 Diesellokomotiven aus den USA für das südwestafrikanische Bahnnetz. Der Dampfbetrieb im Gebiet wird systematisch durch die Dieseltraktion ersetzt. Neue Kupfervorkommen werden bei der Klein-Aub -Mine festgestellt. |
März | Die Rehoboth Taxpayer's
Association (Rehoboth Steuerzahlerverein) wird von Diergaardt gegründet. Der
Basterpolitiker Olivier spielt eine führende Rolle in dem Verein. Kurt Dahlmann, später Chefredakteur bei der Allgemeinen Zeitung, schlägt eine lockere Konföderation zwischen der Union von Südafrika und Südwestafrika vor. |
April | Die OPO beginnt den Kampf gegen das Kontraktarbeiter-System. Weiterhin fordert die Partei, SWA unter die Treuhandverwaltung der Vereinten Nationen zu stellen. |
Mai | Vorbereitungen für die Bildung einer neuen Partei, der Südwestafrikanischen National-Union (SWANU) (South West African National Union (SWANU)), werden getroffen. Der Name "SWANU" soll von Clemence Kapuuo geprägt worden sein. Organisationen und Personen wie der Herero Chiefs Council, SWAPA, der SWASB, Nujoma und Kuhangua tragen zu SWANUs Gründung bei. Kutako hat später keinen Erfolg, diese massenorientierte Partei zu kontrollieren. Die Rivalität zwischen Kerina (OPO) und Kozonguizi (SWANU) wird durch die Illusion bei vielen namibischen Gruppenführern verschärft, dass die namibische Unabhängigkeit unter der Kontrolle der Vereinten Nationen unmittelbar bevorstehe. Kerina tritt später der SWAPO bei. |
August | Sam Nujoma gründet ein Zweigbüro der OPO in Tsumeb. |
20.08. | SWANU wird "inoffiziell" gegründet (27.09. offizieller Gründungstag). Bei der vorläufigen Gründung kommt es zu Machtkämpfen um Parteipositionen. Clemence Kapuuo und Levy Nganjone repräsentieren den traditionalistischen Flügel in der Partei. |
23.08. | In Gegenwart von Sam Nujoma versucht der Ondonga-Gruppenführer Johannes Kambonde in Windhoek Ovambo-Kontraktarbeiter zu überreden, die OPO zu verlassen. Er ist jedoch nicht erfolgreich. |
28.08. | Die Salz-Kiesstraße von Swakopmund nach Walvisbucht, die "Jan-Loopuyt Küstenstraße", wird dem Verkehr übergeben. |
September | Die OPO tritt der SWANU bei (bleibt
aber als unabhängige Partei bestehen). Eine Einheitsfront zwischen OPO, SWANU und
traditionellen Gruppenführern der Ovaherero, Nama und Dama organisiert eine
Massenkampagne gegen die Umsiedlungspläne der südafrikanischen Regierung. Die Kampagne
richtet sich auch gegen die Zerstörung der "Alten Werft" (Einwohner: 30 000)
westlich des Stadtzentrums von Windhoek und die Pläne für die neuen Siedlungen Katutura
(Otjiherero: "der Platz, an dem Menschen nicht leben") und Khomasdal. Die
Modelle für diese Protestaktionen sind die Widerstandskampagnen des südafrikanischen ANC
und Ghandis gewaltlose "satyagraha". Externe Führer wie Kozonguizi und
Kerina korrespondieren mit lokalen, politischen Parteiführern wie Toivo Ya Toivo, Nujoma,
John Muundjua, Uaseta (Barney) Mbuha und Kapuuo, um politische Ratschläge zur
Herbeiführung der namibischen Unabhängigkeit unter der Kontrolle der Vereinten Nationen
zu erteilen. Die verbreiterte Eisenbahnlinie ist bis Otjiwarongo fertiggestellt. |
13.09. | Während einer Versammlung des Eingeborenen-Ratgebenden Ausschusses der "Alten Werft" und in Gegenwart des Superintendenten der Alten Werft, Nel de Wet, lehnen die Bewohner ihre Umsiedlung nach Katutura kategorisch ab. Eine weitere Versammlung am 29.10. verläuft ähnlich. |
27.09. | Die Südwestafrikanische
National-Union (SWANU) wird mit Billigung des Herero Chiefs Council unter
Hosea Kutako auf einer öffentlichen Versammlung in Windhoek offiziell gegründet. Der Council
und Sam Nujoma unterstützen die Kandidatur Jariretundu Kozonguizis als Präsident von
SWANU (Kozonguizi bleibt Präsident bis 1966). Vizepräsident wird Uatja Kaukuetu. Weitere
Exekutivmitglieder sind: Sam Nujoma, Louis Nelengani und Emil Appolus (OPO), Uaseta Mbuha
und John Muundjua (SWAPA), Isascar Kambatuku und Aaron Kapere (Herero Chiefs
Council) und Augus Gariseb (Dama-Vertreter). Es kommt zu Überschneidungen und
fehlender Koordination zwischen den verschiedenen politischen Organisationen, besonders
zwischen den traditionalistischen und den intellektuellen Kräften. Katuutire Nathaniel Kaura tritt der SWANU bei. |
November | Der US Botschafter in Südafrika K. Crowe trifft Kutako in Windhoek. |
03.12. | Etwa 200 "schwarze" Frauen demonstrieren vor der Amtswohnung des Administrators in Windhoek gegen die südafrikanische Apartheidspolitik. |
08.12. | Ein wirkungsvoller Boykott gegen städtische Busse, Bierhallen, Kinos usw. wird von OPO-Präsident, Sam Shafiishuna Nujoma, und SWANUs Vize-Präsident, Uatja Kaukuetu, ausgerufen und von der Mehrheit der "schwarzen" Bewohner Windhoeks befolgt. |
10.12. | Als Folge des Boykotts besetzt die
Südafrikanische Polizei die "Alte Werft". Bei den ausbrechenden Unruhen werden
elf Menschen von der Polizei erschossen. Unter den Getöteten ist der Farbigenführer
Willem Cloete, Vertreter in dem Eingeborenen- Ratgebenden Ausschuss. Die einzige getötete
Frau ist Anna Mungunda. Verwundete werden in das "Nicht-Weiße" Hospital in
Windhoek verbracht. Der südafrikanische Administrator D.T. Viljoen verfügt allerdings
(befestigt durch verschiedene Quellen), dass verwundeten Bewohnern der "Alten
Werft" keine medizinische Behandlung zuteil werden sollte. Ruth Kiwi, Präsidentin
des Südwestafrikanischen Roten Kreuzes, weigert sich daraufhin, Blutspenden an verwundete
Bewohner zuzulassen. Schwester Meekulu Putuse Appolus versorgt die Verwundeten. Die Rheinische Mission (Präses Diehl) schweigt, obwohl "schwarze" Pastoren gefordert hatten, dass die Mission formell gegen die Tötung von Demonstranten Protest einlegen sollte. Viele Führer wie Sam Nujoma, Moses Makue ||Garoëb, Uatja Kaukuetu, Nathan Mbaeva, Zedekia Ngavirue, Clemence Kapuuo, David Meroro, John Ya Otto und Emil Appolus sind in die Ereignisse verwickelt. Als Folge des "Alte-Werft-Aufstandes" wird Nujoma verhaftet und später ins Exil gezwungen. Nathan Mbaeva wird nach Epukiro deportiert und geht später ins Exil. Uatja Kaukuetu und Charles Kauraise fliehen nach Schweden. Tunguru Huaraka entkommt nach Ghana. Vita Kaukuetu flüchtet nach Ostafrika und Ambrose Kandjii nach Nordafrika. SWANU-Mitglieder, die später ins Exil ausweichen müssen, sind: Zedekia Ngavirue, Daniel Munamava, Moses Katjiuongua und Clement Veii. Andere Namibier, mehrheitlich Ovaherero, die an den Unruhen beteiligt sind, werden von Hosea Kutako nach Botswana geschickt. Dieser Auszug wird von SWANU und dem Herero Chiefs Council gemeinsam organisiert. Einzelne Flüchtlinge werden später in der äthiopischen Armee als Freiheitskämpfer ausgebildet. Das ist die dritte Welle von fliehenden Ovaherero nach Botswana (nach dem Ovambanderu Krieg von 1896 und dem Ovaherero-deutschen Krieg von 1904/06). |
Alte Werft in Windhoek, 1950iger
Namibia State Archive
Windhoek: Hochland Park: Friedhof in der "Alten
Werft": März 2003
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